Das IRAGS-Projekt (Vorgängerstudie)

Im Rahmen des IRAGS-Projekts untersuchten wir, wie die genetische Ausstattung eines Menschen seine Leseleistung beeinflusst. IRAGS steht für Individual Reading-Associated Genetic Score, und wie der Name andeutet, ging es bereits bei diesem Projekt um den Einfluss des individuellen, lese-assoziierten genetischen Wertes auf die Leseentwicklung. Dabei wurde die Leseleistung zehn- bis dreizehnjähriger Kinder, jüngerer Erwachsener sowie älterer Erwachsener mit verschiedenen Aufgaben erfasst und auf systematische Zusammenhänge mit ihren genetischen Daten untersucht. Unabhängig davon betrachteten wir die Hirnaktivierungen der leserelevanten Netzwerke von Probanden der gleichen Altersgruppen und stellten diese in Zusammenhang mit ihren genetischen Daten.


Beschreibung der Kinderstudie

An der Kinderstudie des IRAGS-Projekts nahmen insgesamt 105 deutschsprachige Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren teil. In einer ersten Sitzung wurden sie und ihre Eltern mit den Räumlichkeiten und dem Ablauf der Studie vertraut gemacht. Anschließend bearbeiteten die Kinder verschiedene Lese-Aufgaben. Unter anderem lasen sie eine Liste mit Sätzen (z.B. Ein Nashorn ist ein Blechblasintrument) und beurteilten diese hinsichtlich deren inhaltlicher Richtigkeit. Bei einer weiteren Aufgabe galt es innerhalb einer Minute so viele Wörter einer Wortliste laut vorzulesen wie möglich. Das gleiche taten sie anschließend mit einer Liste, die Pseudowörter enthielt. Pseudowörter sind Wörter, die zwar aussprechbar sind, aber keine inhaltliche Bedeutung haben. Um die non-verbale Intelligenz unserer jungen Probanden zu erfassen, absolvierten sie im Anschluss einen Test, bei dem man mit Würfeln verschiedene vorgegebene Muster nachbauen sollte. Auch konnten unsere jungen Probanden ihren Wortschatz unter Beweis stellen, in dem sie einen Test bearbeiteten, bei dem sie Wörter mit ähnlicher Bedeutung markierten. Zwischendurch konnten selbstverständlich Pausen eingelegt werden.

Etwa die Hälfte der Probanden nahm an einer zweiten Sitzung, der fMRT-Sitzung, teil. Mit Hilfe des MRT-Scanners können funktionelle Hirnbilder direkt beim Bearbeiten von Aufgaben erstellt werden. Es gab fünf einfache Arten von Entscheidungsaufgaben, die auf einem Bildschirm präsentiert wurden. Unsere Probanden mussten dann per Knopfdruck entscheiden, ob, z.B. ein angezeigtes Wort richtig geschrieben war oder nicht. Dabei lagen die Kinder etwa 40 Minuten im Magnetresonanztomographen, der währenddessen die Aktivität ihres Gehirns aufzeichnete. Damit diese Bilder gut werden, muss man sehr still liegen. Dies gelang fast allen unseren Probanden sehr gut.

Die Kinder, die nicht an der MRT-Sitzung teilnehmen konnten, bearbeiteten die Entscheidungsaufgaben am Computer. Am Ende der Testung baten wir jeden Teilnehmer noch um eine kleine Speichelprobe, um deren Erbsubstanz (DNA) untersuchen zu können. Mitarbeiter des Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik (MPIMG) extrahierten hierfür zuerst die DNA und genotypisierten sie dann im Anschluss, d.h. sie bestimmten, ob bestimmte DNA-Sequenzunterschiede vorliegen. Mit dieser Information können wir mögliche leserelevante Genbereiche identifizieren und somit die genetischen Grundlagen des Lesens erforschen.


Kurzbeschreibung der Erwachsenenstudien

Da sich Leseprozesse über die gesamte Lebensspanne entwickeln und verändern können, führten wir unsere Studie mit altersangepassten Aufgaben auch an erwachsenen Probanden durch. Dafür testeten wir 59 jüngere Erwachsene im Alter von 18-35 Jahren sowie 62 ältere Erwachsene im Alter von 65 bis 79Jahren. Der Ablauf und die Art der Aufgaben entsprach weitgehends der Kinderstudie. Abgesehen von den altersbedingten Anpassungen der Aufgaben führten die beide Gruppen von Erwachsenen einen zweiten Wortschatztest sowie einen Test zur Bestimmung der Sehstärke durch. Die erwachsenen Probanden nahmen alle an der fMRT-Sitzung teil.